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Wie die Ghostwriterin Isabel Baumberger in das Leben anderer eintaucht.
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«Jede Biografie ist spannend»

Isabel Baumberger taucht als Ghostwriterin in das Leben anderer Menschen ein und hält ihre Geschichten fest.
ValOr-26.05.2025|5min
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«Als Ghostwriterin schreibe ich möglichst so, dass man die erzählende Person beim Lesen quasi reden hört – ganz direkt, wie am Küchentisch», sagt Isabel Baumberger. Das habe sie vor vielen Jahren als Radiomacherin bei DRS3 gelernt, wo Mundart gesprochen wird. Damals schrieb sie die Anmoderationen ihrer Beiträge für die Kolleginnen und Kollegen am Mikrofon. «Ich hatte den Ehrgeiz, so zu schreiben, dass der Sprechtext der jeweiligen Moderatorin oder dem Moderator genau ins Mundwerk passte – egal, welchen Dialekt sie sprachen. Das gelang gut, nur beim Walliser Dialekt musste ich passen.» Im Grunde sei dies ihr erstes Ghostwriting gewesen. 

Heute hat sich die Kommunikationsberaterin und Autorin auf biografisches Schreiben spezialisiert. Dabei stehen Menschen «wie du und ich» im Mittelpunkt. Denn: «Jede Biografie ist spannend! Der Wert der Erinnerungen wird oft unterschätzt», sagt sie. Die eigene Geschichte festzuhalten, sei inspirierend und ermögliche eine neue Sicht auf den Reichtum des bisherigen Lebens. «Und es ist ein wertvolles Geschenk an die nächsten Generationen. Wer würde nicht gern ein Buch über das Leben der eigenen Grossmutter oder des Urgrossvaters lesen?» 

Persönlich begleiten, ohne zu drängen 

Die erfahrene Texterin protokolliert nicht nur: «Ich höre zu und schäle beim Schreiben den Kern einer Geschichte heraus.» Was erzählt wird, bestimmt ihr Gegenüber. «Ich frage nach, bewerte aber nicht», betont sie. Wesentlich sei der Aufbau einer vertrauensvollen persönlichen Beziehung. Damit am Ende ein spannender Text entsteht, muss er einen roten Faden haben. «Es geht darum, zu führen, ohne zu drängen. Einfühlsam und respektvoll – wie eine gute Reisebegleiterin oder Beraterin, die auf die Bedürfnisse ihrer Klientinnen und Klienten eingeht.» 

 

«Ich frage nach, bewerte aber nicht.» 

 

Bilder und Stimmungen spürbar machen 

Dabei lässt sich Isabel Baumberger von den Erinnerungen ihres Gegenübers leiten. «Ein Zeitstrahl kann bei der Orientierung helfen. Aber ich arbeite bewusst nicht chronologisch, sondern thematisch», erklärt sie. Sie stelle viele Fragen – auch nach Sinneseindrücken: «Welche Bilder fallen Ihnen ein? An welche Gerüche und Geräusche erinnern Sie sich? Wie war die Stimmung in einem Raum, wie sah es dort aus?» So werden aus Erinnerungsfetzen Geschichten. 

Auch wenn dabei subjektive Wahrnehmungen wichtiger sind als objektive Fakten – ein Teil der Arbeit ist Recherche. Jahreszahlen werden überprüft, der historische Kontext einbezogen. So sucht sie im Internet auch mal nach einer alten Kartoffelerntemaschine, um die Kindheit auf einem Bauernhof plastisch beschreiben zu können. 

Der versöhnliche Blick zurück – und nach vorn 

Nicht immer muss aus Erinnerungen ein Buch entstehen. In Workshops zur Biografiearbeit für Einzelpersonen oder kleine Gruppen setzt Isabel Baumberger auch Skizzen und Collagen ein. Ihr Ansatz: «Gute Gefühle lebendig werden lassen, Schwieriges nicht ausblenden – aber mit versöhnlichem Blick betrachten.» Auf diese Weise kann die Auseinandersetzung mit dem gelebten Leben zum Energietank werden und helfen, eigene Stärken und Ressourcen zu erkennen. 

Oft eröffnen sich dabei auch neue Perspektiven für die Gegenwart und die Zukunft. 


Foto: Monica von Rosen

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